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Dienstag, 7. Juni 2005

In der Nacht

Laut bellend jagte Ajax, der Hofhund den Fuchs durch die offen gelassene Stalltür. Ein Ruck ging durch die Tiere, als sie so unsanft aus ihrem Dämmerschlaf gerissen wurden. Sie sprangen erschrocken auf, machten Lärm und setzten sich unaufhaltsam in Bewegung. Holz splitterte, und die Stalltür, die auf einmal viel zu eng schien, viel krachend zu Boden während die Bullen sich den Weg in die Freiheit bahnten.

Der von dem Krach wach gewordene Bauer Kai Niedermann stand vor der Haustür und konnte seinen 78 fliehenden Tieren nur noch fassungslos hinterher schauen.

Er wollte gerade nach seiner Frau Angelika rufen, als ihm einfiel, dass sie gar nicht mehr da war. Genau genommen seit gestern abend. Nach fast 20 Jahren hatte sie es nicht mehr ausgehalten. Immer nur der Hof, die Pacht, die Viecher, das Wetter dafür keinen Urlaub, kein Wochenende, keine Zeit, kein Geld.

Sein 17jähriger Sohn Florian war unterwegs mit Freunden. Er wusste noch nichts von dem Auszug seiner Mutter. "Erklär du ihm das. Ihr hockt doch sowieso immer zusammen," hatte Angelika zu Kai gesagt, bevor sie mit dem Geländewagen den Hof verlassen hatte.

Kai rief zuerst die Feuerwehr und dann einige Berufskollegen an.



... Fortsetzung folgt....


In der Nacht II

Carola Heitmann wollte endlich zu Bett gehen. Ihr Mann Holger hatte sich nur kurz zu ihr umgedreht, die Nase gerümpft und mit den Worten "Musst du immer mit den Gästen mitsaufen?" sein Bettzeug zusammen gerafft und sich in eins der Gästezimmer verzogen. Schließlich hatte er morgen Frühschicht im Supermarkt.

Carola sagte nichts. Sie konnte nicht. Sie ließ sich in ihr Bett fallen und schreckte wieder hoch, als die Sirene, die auf dem Dach der Gaststätte angebracht war, losjaulte. Das Geräusch verursachte in Carola einen inneren Flächenbrand, dem die Müdigkeit zum Opfer fiel. Sie ging hinunter in den Gaststube hinter den Thresen und zapfte isch ein Bier. Gleich würde es ihr besser gehen, dass spürte sie.

Bis eben hatte sie hier mit Rudolf Krause, dem Autohändler gesessen, und sich seine Litaneien angehört, die sie wie üblich mit einem Hmm kommentierte. "Alle Ausländer haben hier nichts zu suchen, raus mit dem Pack, sollte man alle abschieben und so weiter..." Dabei wusste jeder im Dorf, dass er seine Mercedes-Jahreswagen am liebsten an Türken und Greichen, Polen und Russen verkaufte. Im Übrigen war er Stammgast bei Xantis, dem Griechen im Nachbarort.

.....Fortsetzung folgt


Inder der Nacht III

Simone Nolte fand keinen Schlaf in dieser Vollmondnacht und rüttelte ihren schnarchenden Mann Dirk wach. "Los komm, lass es uns nochmal tun. Nur zur Sicherheit. Du weißt doch, mein Eisprung." Dirk stöhnte innerlich. Wie viele Monate ging das jetzt schon so? Er hatte aufgehört mitzuzählen. Er hatte versprechen müssen nicht mehr rauchen, keinen Alkohol mehr zu trinken und natürlich kein rohes Fleisch mehr zu sich zu nehmen. Hin und wieder ging er heimlich mit seinem Freund Kai zünftig in den Biergarten.

Sie trafen sich kaum noch mit anderen Leuten. Simone hatte das Talent, jedes Thema irgendwann zu ihrem Thema, dem Kinderkriegen zu machen. Sie merkte nicht, dass es niemanden mehr interessierte, wann sie fruchtbar war. Die dummen Sprüche hatten gänzlich aufgehört und da Simone nicht gerne Besuch hatte - die Leute blieben immer zu lange und hinterließen Dreck und Gestank - sind die sozialen Kontakte so gut wie erloschen.

Noch nie hatte er sich so über sein klingelndes Handy gefreut wie jetzt. In seiner Eigenschaft als Oberbrandmeister wurde er zu einem Einsatz gerufen.

.....Fortsetzung folgt



In der Nacht IV

Seine Gedanken kreisten ununterbrochen um Neshla Xantis. Sie hatte ihm heute eröffnet, dass sie ein Kind von ihm erwartete. Es gipfelte in einem furchtbaren Streit, als er ihr zur Abtreibung riet. Für eine Griechin sei dies undenkbar! Außerdem freue sie sich auf das Kind.
Hoffentlich war er Carola gegenüber nicht so redselig gewesen. Dann würde es morgen das ganze Dorf wissen. Sie hatte aber auch einen nach dem anderen eingeschenkt und mitgetrunken.

Seine Frau Hannah würde sofort die Scheidung einreichen. Sie wartete doch förmlich auf eine Gelegenheit, ihn los zu werden. Nicht genug, dass sie ohnehin sein Geld zum Fenster rauswarf mit ihren ständigen Wellness- und Spaaufenthalten auf Sylt, Ascona und weiß der Kuckuck wo noch überall, satt ihn im Büro zu unterstützen oder im Haushalt Hand anzulegen. Nein, eine Hauswirtschafterin mit Diplom musste es sein. Keine profane Putzfrau.

Nach sieben Jahren Ehe hatte sie ihm auf seine Frage hin erklärte, dass Kinder für sie schlichtweg nicht in Frage kämen. Er fühlte sich verraten und belogen. Vor der Hochzeit hatte das ganz anders geklungen. Rudolph war indes erbärmlich willensschwach seiner Frau gegenüber, was Hannah genau überschaute.

Es machte klack, und er beugte sich zum Zigarrettenanzünder hinunter. Als er wieder aufsah, blickte er in zwei tellergroße, lang bewimperte Augen, die ihn anglotzten.

...Fortsetzung folgt

Leidenschaft | pommesrot um 21:09h | 1 Kunde | Appetit?